Rathaus Talstraße

Bei der Gemeinderatssitzung am 4. August 1883 wird festgestellt dass das seitherige Rathauszimmer bei Martin Ölschläger zu klein und ganz abgelegen ist und Carl Friedrich Burkhardt ein mitten im Dorf stehendes größeres Gebäude hat, ganz geeignet zu einem Rathaussaal und derselbe sich bereit erklärt hat seinen unteren Saal in dem neuen Gebäude zu einem Rathauslokal gegen ein Mietgeld von 50 Mark/Jahr in Pacht zu geben. Das wird unter Bedingungen so beschlossen.
In den folgenden Jahren wird des öfteren über die Notwendigkeit eines neuen Schulhauses evtl. auch in Kombination beider Gebäude und den Standort diskutiert.
Nach einem Erlass des Oberamtes wird am 16. 7 1886 beschlossen die Schule alleine zu bauen, das alte Schulhaus abzureissen und während dieser Zeit die Schüler im Ochsensaal zu unterrichten.
Für den Bau des Rathauses soll OA-Baumeister Mayer die nötigen Pläne entwerfen.

Am 25 Oktober 1886 beschließt der Gemeinderat Schömberg ein Rathaus zu bauen. Dazu soll vom Löwenwirt Burkhardt ein Grundstück in der Talstraße angekauft werden (Parz. Nr. 110/4)

Das neue Gebäude soll 11,2 m lang. 7,3 m breit und 2 Geschosse hoch werden.
Das Bauwerk soll im Erdgeschoss an den Außenwänden mit Sandsteinmauerwerk und die Innenwände mit gebrannten Ziegeln ausgeführt werden. Das Obergeschoss, die Decken und Außenwände sollen in Holz ausgeführt werden. Im Obergeschoss erhält das Haus eine Schindelfassade. (Schnitt)



Raumaufteilung:
im Erdgeschoss soll Platz für die Feuerspritze samt Leitern sein, sowie ein Raum für eine Mosterei.
Über eine Treppe kommt man in den ersten Stock mit einem Vorplatz,dem Amtszimmer des Schultheißen (ca. 14 m²) dem Sitzungssaal (ca. 37 m²) und einem Partienzimmer (ca. 11 m²). Im Dachgeschoss befindet sich mit dem Dachboden auch eine Arrestzelle ( ca. 13 m²)
Architekt war Oberamtsbaumeister Mayer


Schultheiß ist zur Bauzeit Mattäus Rentschler (1839 - 1916) Amtszeit 1883 – 1907. Dessen stattliches Bauernhaus befand sich schräg gegenüber in der heutige Talstraße (Haus Nr. 27 ´ abgerissen ca. 1965)
Die Gemeinderäte waren:
Kugele, Wacker, Burkhardt, Öhlschläger, Keck und Lörcher.
Im November 1886 wird das Baugesuch vom Oberamt Neuenbürg positiv beschieden.
Die Verwaltung einer kleinen Gemeinde wie Schömberg bestand zu dieser Zeit aus einem ehrenamtlichen Schultheiß und einem Gemeindepfleger der für die Gemeindekasse verantwortlich war. (heute Kämmerer, damals auch mancherorts Bürgermeister genannt)
Schömberg hatte zu dieser Zeit ca. 600 Einwohner. Der größte Teil der Bürger lebt wie seit Jahrhunderten von der Landwirtschaft oder war Kleinhandwerker (Bäcker, Schneider, Schuster usw.) Aber es gingen auch schon viele als Arbeiter in die Fabriken nach Pforzheim (Rassler)
1888 legt Hugo Römpler mit dem Kauf des Gasthof Hirsch und dessen Umbau zu einem Luftkurhaus den Grundstein für die Entwicklung Schömbergs zu einem bedeutenden Kurort.


Die schnelle Entwicklung Schömbergs macht es notwendig dass Schömberg mit Gustav Hermann einen Verwaltungsfachmann als Schultheiß erhält. Er bezieht 1907 das Amtszimmer im Rathaus und hat hier viele Jahre die Amtsgeschäfte als „1 Mann-Betrieb“ ausgeführt.
(Er wohnte mit Frau und den 2 Kindern bis zum Bau des neuen Rathauses bei Schneider Kappler in der Liebenzeller Str.)

Aber der Aufgabenbereich und der Anspruch an die Verwaltung steigt stetig an. Bei der Gemeindevisitation im Mai 1924 wird angemahnt, dass die Registratur in tunlichster Bälde vollständig umgearbeitet werden muss. Das lässt sich aber in diesen beengten Verhältnissen nur schwierig machen.
Diese Raumnot wird mit dem Neubau 1925 behoben.
Schömberg hatte zu dieser Zeit 1270 Einwohner und ca. 710 anwesende Kurgäste.


Das alte Rathaus erhält neue wechselnde Nutzungen:

1932 wird sie von den Spielleuten der freiwilligen Feuerwehr und dem Mandolinen Club für Übungszwecke genutzt. 1933 erhält der hiesige Stützpunkt der NSDAP die Räume für ihre Zwecke, z.B. als Speise- und Aufenthaltsraum für den freiwilligen Arbeitsdienst und später für Zwecke der SA, der Frauenschaft, des Bundes deutscher Mädchen usw. Dazu wird das alte Rathaus 1933 gründlich instand gesetzt.
1949 wird eine Wohnung in das Gebäude eingebaut und 1951 wird das Anwesen verkauft.

August 2013, Wolfgang Obert

Quellen: Gemeinderatsprotokolle, Pläne, Genehmigungsbescheid, Erinnerungen Herr Hermann, Bilder Hermann

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